Ich will gerne ein bißchen darüber erzählen, wie wir es geschafft haben, Vilas Vertrauen zu erlangen.:
Zuerst einmal aber zu unseren Anfangsschwierigkeiten:
1. Vilas ließ sich nicht gerne anfassen, von meinem Mann überhaupt nicht, von mir nur ungern geduldet. Allerdings muß man gerade über die schmuddeligen Wintermonate permanent nach jedem Spaziergang in der "Wildnis" die Pfoten säubern. Was haben wir getan? Es gab das Futter nur nach erfolgreicher Säuberung und dann mit viel Lob in spielerischer Form durch meinen Mann. Da heißt, ich habe Vilas gesäubert, damit er nicht ganz so viel Streß hat, und mein Mann war dann für das Amüsement und die Fütterung zuständig. Auf diesem Weg hat Vilas zum einen gelernt, daß das Pfoten saubermachen Voraussetzung ist, um Futter zu bekommen, zum anderen hat er gelernt, daß man mit Bernd viel Spaß, Spannung und Spiel
haben kann. Das war schonmal ein großer Schritt Richtung Vertrauensaufbau. Wenn Vilas allerdings einmal geknurrt oder geschnappt hat, weil ihm die Prozedur mit seinen Pfoten garnicht paßte, was durchaus vorkam, haben wir ihn einfach in seinem Raum kommentarlos alleingelassen, ohne Futtergabe. 10 Min. später haben wir dann 1x tief durchgeatmet und es nochmal probiert, es klappte dann jedesmal. Vilas wurde dann natürlich sehr gelobt und entsprechend seinen Erwartungen belohnt (Futter, Spiel,...). Später hat dann auch mein Mann angefangen, Vilas zu säubern, ich mußte dann den Raum verlassen, weil der Kleine sich sonst sofort zu mir "gerettet" hätte. Aber mein Mann ist ganz geduldig mit Vilas, daher funktioniert die Sache jetzt wunderbar und ist ganz selbstverständlich, ohne Streß für beide Seiten. Inzwischen ist Vilas an Berührungen gewöhnt und läßt sich sogar gerne streicheln. Er fordert seine täglichen Streicheleinheiten regelrecht ein, da er wohl gelernt hat, daß Hände nicht nur schlagen und Schmerzen verursachen können. Darüber freuen wir uns sehr.
2. Vilas ist anderen Hunden gegenüber angst-aggressiv, wenn er an der Leine ist. Dabei spielt es keine Rolle, welche Größe, Rasse, Geschlecht, Fell der andere Hund hat. Ausschlaggebend ist wahrscheinlich die Art, wie der andere Hund auf Vilas zukommt. Ist dieser Hund zu direkt, fühlt sich Vilas an der Leine bedrängt, weil ihm ja die Rückzugsmöglichkeit fehlt. Dann geht er nach vorn und versucht, den anderen Hund "zu attackieren". Das ist auf die Dauer Streß pur für alle Beteiligten. Daher haben wir einen sehr erfahrenen Hundetrainer an der Hand, zu dem Vilas auch Vertrauen hat, der uns (Hund und Mensch !!) hilft, mehr Selbstsicherheit zu gewinnen. In den Trainingseinheiten werden immer wieder Situationen "provoziert", in denen uns andere Hunde begegnen, und wir müssen an ihnen vorbeigehen, ohne Theater, die Distanz ist immer so zu wählen, daß Vilas dabei keinen Streß hat. Ist wie im Fernsehen mit der Tier-Nanny;) . Wir sind auf einem guten Weg, aber es wird sicher noch dauern.
Ohne Leine spielt Vilas mit anderen Hunden (nicht mit allen)übrigens ganz unglaublich ausgelassen
.
3. Vilas hat im Haus auch schon nach uns geschnappt, wenn wir ihn z.B. von einem bestimmten Platz wegnehmen wollten. Wir haben ihn nur am Halsband gehalten, oder auch nur die Hand nach ihm ausgestreckt und zack, schon war es passiert.
Wir haben dann die Situationen mit unserem Trainer (auch oft mit Grieps) analysiert und sind zu dem Schluß gekommen, daß es besser wäre, diese Situationen einfach zu meiden und bestimmte Bereiche im Haus zu tabuisieren (Platz zwischen Sofa und Wohnzimmertisch z.B.). Vilas weiß genau, daß er dort nicht liegen darf und versucht es auch nicht mehr.
Die letzte brenzlige Situation war am 4. Januar, seitdem gab es keine weiteren Vorfälle mehr. Unser Trainer meint, es wäre nicht gut, einen ängstlichen Hund, der Vilas nunmal ist, zu unterwerfen oder zu provozieren, Selbstsicherheit und Souveränität erlangt man auf anderem Weg. Das leuchtet ein.
Natürlich haben wir auch einige sehr interessante Bücher über Hundeerziehung, Angstaggression, Calming Signals, etc. gelesen. Vielen Freunden, Bekannten, Fachleuten habe ich Löcher in den Bauch gefragt (als Anfänger darf man fast alles
), und das hat uns allen 3en sehr geholfen.
Wie gesagt, wir sind jetzt sehr glücklich mit Vilas, aber es war nicht wirklich immer leicht.
Aber der Preis, den es zu gewinnen gab, war den Einsatz allemal wert.
Wenn wir jetzt sehen, wie wohl sich Vilas bei uns fühlt, wie wir jedesmal von ihm ein Begrüßungsgeschenk bekommen, wenn wir nach hause kommen (sogar sein Lieblingsleckerlie, das er beim Abschied bekommt, bewahrt er bis zu unserem Eintreffen auf, um es uns anzubieten
:):) ), das ist schon toll.
Ich hoffe, nicht zu langatmig gewesen zu sein, aber wenn man erstmal anfängt zu erzählen von dem Kleinen...
Viele Grüße aus Porta Westfalica,
Christina Ostermeier