Ich war doch noch gar nicht fertig mit meinem Bericht. Hier also unsere Jahreszusammenfassung:
Aramis Knautsch und die neue Welt voller BelohnungenAramis ist ein Hund aus dem Tierschutz - wie die meisten Vischels hier direkt aus Ungarn. Er hat eine unklare Vergangenheit. Gelernt hatte er in seinem vorherigen Leben nicht viel, auch kein hündisch. Er ist wenig sozialisiert und das merkt man daran, dass er mit Menschen sehr gut klar kommt, mit Hunden fast gar nichts anfangen kann. Als er zu uns kam, kannte er fast nichts und das machte uns Neueinsteiger das Leben bisweilen zur Strapaze.
Man konnte Aramis anfangs wenig motivieren mit uns zusammen zu arbeiten. Er war schwer zu führen, denn alles war neu und interessanter als wir. Mit unglaublicher Kraft zog er uns von einem Baum zum nächsten, jagte Igel und gab im Wald Spurlaut sobald er was in der Nase hatte und rannte los um seiner Fährte zu folgen. Und das ohne jede Rücksicht auf das andere Ende der Leine. In den ersten Monaten waren wir grün und blau, weil er uns verlässlich um den nächsten Baum wickelte, wenn er abschoss. Regelmäßig schoss er also uns ab!
Der erste Trainer war für uns eine Katastrophe, gab er uns doch das Gefühl, dass wir völlig unfähig waren und mit einem dominant aggressiven Hund überfordert sind. Wir sollten ihm sein Futter entziehen um Aramis gefügig zu machen. Bei der Vorgeschichte von Aramis schien uns das fragwürdig und wir lehnten eine weitere Zusammenarbeit mit ihm ab. Er gab uns noch mit auf den Weg einen Jagdschein zu machen, um Aramis entsprechend in den Griff zu bekommen.
Wir hatten das Glück, dass uns Linda Wüllner, die Halterin von Vandor, ihren Coach empfohlen hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich schon nicht mehr allein in den Wald getraut, weil ich Aramis einfach nicht mehr halten konnte. Je gesünder er wurde, um so mehr Kraft bekam er, um so mehr drehte er auf, wenn er anderen Hunden begegnete... und eines Tages hat er dann auch zugebissen, als ich ihn zur Ordnung mahnen wollte.
Im September fingen wir an mit Jana Waldek zu trainieren. Ihr ist es zu verdanken, dass wir alle drei eine gemeinsame Sprache finden konnten. Mit Aramis und uns wurde es von Woche zu Woche besser, man konnte einigermaßen vernünftig mit ihm zusammen eine Runde drehen, Hundebegegnungen wurden langsam überschaubarer... Wir merkten deutlich die Veränderung in uns allen dreien. Wir haben gelernt, das Aramis eine ganz klare Führung braucht an der er sich orientieren kann, die ihm Schutz bietet, die ihm Sicherheit gibt. Denn er ist ein sehr unsicherer Hund, der nie gelernt hat, sich sozial zu verhalten.
Für Herrn Knautsch haben wir uns den Freilauf gewünscht. Nachdem wir so lange gebraucht haben um zueinander zu finden, wollten wir ihm diese Freiheit so gern schenken. Daran haben wir am längsten gearbeitet. Wochenlang haben wir kleinste Einheiten des ultimativen Rückrufs geduldig trainiert - allen voran Aramis, der wohl die meiste Geduld mit uns hatte – immer wieder das Kommando, bis er es verinnerlicht hatte. Eines Tages, es war der erste Sonnabend im Dezember und es fiel der erste Schnee, haben wir den Karabiner beim Waldspaziergang ausgeklinkt. Und er lief an unserer Seite, hatte Spaß so ganz ohne Leine und sah sich immer wieder nach uns um. Mir laufen jetzt noch die Tränen, wenn ich daran denke, denn es war in dem gemeinsamen Jahr mit Aramis der ergreifendste Moment, den ich erlebt habe: ihm die Freiheit zu schenken, die wir uns so hart erarbeitet hatten zusammen.
Seit einiger Zeit trainieren wir mit Aramis zusammen Dummy. Es scheint, als sei das seine Passion und sein Herzblut. Natürlich wäre es schöner ihm die Möglichkeit zu geben, jagdlich geführt zu werden. Aber wenn Aramis das Beste nun mal nicht haben kann, dann bieten wir ihm das Zweitbeste. Und damit ist er unglaublich glücklich.
Jetzt nach einem Jahr mit diesem Kraftprotz können wir zurück blicken und lächeln. Aber ganz ehrlich, es ist manche Träne geflossen. Trotzdem möchte ich persönlich diese Zeit nicht missen, denn sie hat uns zusammen geschweißt und stärker gemacht. Wir haben zusammen diesen Weg eingeschlagen, Aramis hat sich das nicht ausgesucht – wir schon! Und wenn er jetzt zufrieden schmatzend neben uns auf der Couch liegt (ja... auf der Couch und am Wochenende auch im Bett) dann weiß ich, so schlecht hat er es nicht getroffen