Hallo, Frau Drach,
zunächst nochmals vielen Dank für Ihr Mail.
Natürlich kann ich verstehen, dass Sie gerne wissen möchten, was aus dem jungen Viszlarüden geworden ist, den Ihr Verein an meine Familie vermittelt hat. Deswegen kurz die Entwicklung:
Wir hatten die große Freude uns im Internet des Vereins "Vizsla-in-Not"
in einen Jagdhund mit dem besonders jagdlichen Namen "Marcipan" zu verlieben. Von vornherein war uns klar, dass es bei diesem Namen nicht bleiben konnte. Eine häusliche Diskussion ging zu Gunsten des vom Chef vorgeschlagenen Namens "Nagy" aus. Das ist Ungarisch und beschreibt unseren großen Kerl ausgezeichnet.
Schon die Art, in der vom Verein die Auswahl der "Pateneltern" dieses Findelkindes organisiert wurde, hat uns überzeugt. Und dann durften wir ihn in Augsburg abholen. Die Internetliebe war plötzlich real und verstärkte sich mit jeder Minute der Heimfahrt. Die Eifersucht des am Steuer gebundenen Chefs auf seine angetraute Ehefrau steigerte sich während der Fahrt durchaus, weil unser Vizsla seinen Kopf immer bei Frauchen hatte, denn da gab es Leckerchen. Der Chef wurde königlich ignoriert. Und das ist noch heute so, wenn ein Leckerchen winkt. Dann kommt es schon mal vor, dass der Chef schimpft und sagt, dass Bestechung eines Jagdhundes eigentlich mit Hundeverbot gestaft werden müsste.
Die ersten 48 Stunden im neuen Zuhause waren eine unruhige Zeit. Nagy hatte seinen neuen Namen natürlich noch nicht verinnerlicht, Gehorsam war so gut wie nicht existent, Deutsch konnte er auch noch nicht und innerlich war er noch nicht angekommen. Aber dann hatte er verstanden, dass Schluss war mit den Problemen, die er in seinem jungen Leben schon hatte durchmachen müssen, es gab regelmässig was Leckeres zu fressen, es wurde auch geschmust, er hatte ein festes Plätzchen, auf das er sich zurück ziehen konnte, kurz, er war zu Hause. Und das merkte man auch.
Ein Problem mit der Stubenreinheit hat sich ganz schnell über die Regelmässigkeit des Gassigehens geregelt, auch wenn wir zu Beginn einige Male putzen mussten. Nagy war aber von Anfang an so freundlich, sich dazu in den Keller zu begeben und den gefliesten Boden zu verschmutzen, der sich leicht reinigen lässt. Dies hat er beibehalten, wenn er, was schon lange nicht mehr vorgekommen ist, im Gelände etwas frisst, was wir nicht sehen und er davon Durchfall bekam. Also insgesamt pflegeleicht.
Die Ausbildung im Revier musste erst einmal zurückgestellt werden, bis die Gehorsamsübungen so weit gegriffen hatten, dass Verlass darauf war, dass Nagy auch von einem Stück Wild problemlos abgerufen werden konnte.
Aber das war erfolgreich. Seine feine Nase hat in der Folgezeit dem Chef die Arbeit erleichtert.
Leider habe ich inzwischen mein Revier abgeben müssen, weil die Grundeigentümer es vorgezogen haben, einem befreundeten Metzger gegen ein höheres Gebot den Vorzug zu geben. Zum Glück habe ich aber einen Reviernachbarn, der mir unbeschränkte Jagdmöglichkeit eingeräumt hat, sodass auch Nagy weiterhin gefordert ist. Der allmorgendliche Reviergang mit ca 10 - 15 km, der nachmittägliche Spaziergang mit Frauchen von ca.
5 km und die spät abendliche Runde mit dem Chef geben genug Gelegenheit zur Bewegung. Und die Übungen kommen dabei auch nicht zu kurz. Alles, damit Nagy die Leckerchen von Frauchen (und zugegebenermaßen auch die vom Chef) abarbeiten kann.
Die Nächte verbringt Nagy auf seinem Schlafplatz unter Frauchens Schreibtisch. Da liegt seine Decke. Aber schlafen will er nur, wenn er von Frauchen oder vom Chef persönlich komplett zugedeckt wird. Und mindestens einmal pro Nacht kommt er ans Bett von Frauchen oder auch vom Chef, stupst mit feuchter Nase die Hand an und will damit sagen: Hallo, ich bin noch da und sehe, dass ihr auch noch da seid. Und jetzt soll gefälligst mal einer von euch aufstehen und mich wieder zudecken! Hund befiehlt, Chef gehorcht (meistens aber Frauchen).
Mit alledem ist fest zu halten, dass meiner Frau und mir (und hoffentlich auch Nagy) nichts Besseres passieren konnte, als dass wir zueinander gefunden haben.
Deswegen nochmals Dank an alle Beteiligten. Oder wie unsere Freunde von der Insel sagen: Good job!
Mit lieben Grüßen
Elmar Braunbeck